Saisonabschluss mit Wiederholungen am Berg

Bis ich einen passenden Titel für diesen Blogeintrag gefunden hatte, dauerte es ein Moment. Eigentlich hätte der Titel anders heissen sollen. Geplant war nämlich ein Everesting 10k. Das Konzept eines Everesting ist simpel: wähle einen Aufstieg aus und fahre ihn so oft hoch und runter, bis du 8‘848 Höhenmeter gefahren bist (die Höhe des Mount Everest). Ich habe ein Everesting im 2015 als Anfangs 20-jähriger und vierter Schweizer erfolgreich absolviert. Zehn Jahre später also der nächste Anlauf, diesmal für ein Everesting 10k. Bei dieser Challenge müssen noch 13% mehr Höhenmeter gesammelt werden, nämlich 10‘000.

Ich entschied nach dem Alpenbrevet, dass ich dieses Jahr noch etwas für mich machen wollte. Meine Form ist - wie ich am Alpenbrevet gesehen habe - echt sehr gut und das DNF bei der Tortour war eine grosse Enttäuschung. Lange habe ich mir überlegt, was ich genau machen will, ich hatte einige Optionen. Ich war dann mehr aus Zufall wieder einmal auf der Webseite der Gründer der Everesting Challenge und habe dann festgestellt, dass sie alles überarbeitet haben. Neues Branding, neue Hall of Fame (wo alle mittlerweile über 30‘000 erfolgreich absolvierten Challenges mit Namen der Fahrer*innen aufgelistet sind) und auch neue Challenges. Nebst dem klassischen Everesting gibt es nun auch das Quarter- und Half-Everesting, sowie die längeren Formate Everesting 10k, Double und Triple Everesting. Zudem gibt es noch ein spezielles „Everesting“ namens ROAM. Das unterscheidet sich insofern, dass die Höhenmeter nicht am gleichen Aufstieg mit hoch- und runterfahren gesammelt werden müssen. Die Regeln sind: mindestens 10’000 Höhenmeter mit mindestens 400 Kilometer in maximal 36 Stunden. Diese Challenge habe ich 2018 erfolgreich absolviert. Nebst dem Eintrag in der Hall of Fame haben alle ein Athletenprofil, in welchem die über die absolvierten Challenges kumulierten Kilometer und Höhenmeter abgebildet sind. Zudem erhält man pro absolvierte Challenge einen digitalen Badge. Wie cool ist das denn? Meine Entscheidung war getroffen.

Meine Vorbereitung war ab dem Alpenbrevet sehr Everesting-spezifisch, d.h. ich musste mir erstmal Gedanken darüber machen, auf welchem Segment ich das Everesting fahren will und dann dort auch einige Wiederholungen machen, um den Aufstieg sowie die Abfahrt gut zu kennen. Aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit sind die Tage nicht mehr so lange und ich würde auch einiges der Challenge im Dunkeln fahren - dies galt es bei der Auswahl auch zu beachten. Teil meiner Vorbereitung war auch ein Quarter-Everesting. In rund 3 Stunden 15 Minuten fuhr ich die 2‘212 Höhenmeter, verteilt über knapp 65 Kilometer auf einem Segment im Tessin. Cool war meine Performance, ich fuhr nämlich bewusst intensiv. Ich musste den ausgewählten Aufstieg 14 Mal hoch- und runterfahren. Bergauf benötigte ich jeweils rund neun Minuten und ich fuhr konstante Intervalle zwischen 270 und 280 Watt. Insgesamt fuhr ich also rund 126 Minuten bergauf, und dies bei rund 3.9w/kg. Eine Leistung, die meine Form bestätigt, und auf die ich sehr stolz bin. Mit dieser Leistung konnte ich also meinen dritten Badge sammeln - yeah!

Ich fühlte mich nach dem Quarter-Everesting bereit, die grosse Challenge in Angriff zu nehmen. Die Wetter-App wurde fast stündlich angeschaut. Für letzten Samstag war dann einige Tage in Folge sehr gutes Wetter angesagt und so war auch der „Tag X“ definiert. Mit voller Freude bereitete ich mich auf den langen Tag vor: gut essen und trinken, genug Schlaf, Velo putzen, Kette ölen und alles was es sonst noch braucht. Am Samstag weckte mich mein Wecker dann mitten in der Nacht um 02:30 Uhr, damit ich dann mit dem 03:30 Uhr Nachtbus nach Esslingen fahren konnte. Der Aufstieg, den ich ausgewählt hatte, ist eine Landstrasse von Esslingen hoch nach Usser Vollikon. Mit 1.46 Kilometer Länge und um die 7.5% Steigung im Schnitt ein sehr geeignetes Segment. Um die 10‘000 Höhenmeter zu sammeln standen 97 Wiederholungen und eine Gesamtdistanz von rund 280 Kilometer auf dem Menü.

Um 04:20 Uhr ging es dann los für mich, ich fuhr in die erste Wiederholung. Die Temperatur war zwar sehr tief, aber die Abfahrt ist jeweils so kurz, dass kaum Zeit ist um auszukühlen - ein grosser Vorteil von eher kurzen Segmenten. Ich fand sehr schnell einen super Rhythmus und war wunderbar auf Kurs (natürlich hatte ich im Vorfeld einen klaren Pacing-Plan). Die erste Stunde verging wie im Flug und ich nahm die achte Wiederholung in Angriff. Und dann passierte genau das, was man nicht will: die Di2 Schaltung hörte auf zu funktionieren. Und zwar nur hinten. Vorne konnte ich die Kettenblätter noch wechseln aber hinten ging nichts mehr. Ich fuhr die achte Wiederholung fertig und als ich unten wieder ankam stieg ich vom Rad um zu schauen, was los ist. Die Schaltung zeigte keine Reaktion, obwohl das Licht des Akku-Stands beim Wechsler grün leuchtete. Was mache ich jetzt? Es ist 05:30 Uhr an einem Samstag. Nach Hause gehen und das andere Velo holen kostet mich zu viel Zeit, Support vor Ort war natürlich geplant aber nicht für die ersten paar Stunden und mir fiel echt nichts ein, wie ich das technische Problem hätte lösen können. Die Entscheidung fiel entsprechend ziemlich leicht und unkompliziert: that‘s it. Die Saison 2025 ist nach acht von 97 Wiederholungen während einer Everesting 10k Challenge beendet.

Die erste Reaktion war selbstverständlich pure Enttäuschung und auch etwas Verzweiflung. Wieso kommt mir schon wieder was in die Quere? Auf dem Weg nach Hause im Bus musste ich aber schmunzeln: was für ein harziges Jahr, event-technisch. Und zu Hause nach der Dusche sagte ich mir: lieber nach knapp 1‘000 Höhenmeter, als in der Mitte der Challenge.

Und so schaute ich am letzten Samstag dann vom Wohnzimmer aus durchs Fenster und stellte fest: das wäre vom Wetter her der perfekte Tag im Oktober gewesen. Nochmals richtig schön sonnig, ohne Nebel und mit angenehmen Temperaturen. Einmal mehr: die Vorbereitung nahezu perfekt, an der Umsetzung gescheitert. Aber eben: nahezu perfekt. Die Batterie im Schalthebel war leer, entsprechend konnte der Schalthebel nicht mehr mit dem Wechsler kommunizieren. Einmal mehr ein wertvolles Learning.

Hier sind die Links auf Strava von meinem Everesting, dem Everesting ROAM (hiess früher anders…) und dem Quarter-Everesting:

  • Everesting: https://www.strava.com/activities/332179265

  • Everesting ROAM: https://www.strava.com/activities/1784995954

  • Quarter-Everesting: https://www.strava.com/activities/16076627618

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Review der Sommersaison 2025

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Grossartiger Tag am Alpenbrevet!